300.000 Euro nötig "SchwuZ" vor dem Aus: Verein will Club retten

Anfang August hat das "SchwuZ" in Berlin Insolvenz angemeldet. Nun versucht der Trägerverein, in kürzester Zeit 300.000 Euro zu sammeln.
Deutschlands größter queerer Club kämpft ums Überleben. Der Trägerverein des "SchwuZ" versucht nun mit einer Spendenkampagne, die Lokalität in der Rollbergsiedlung in Berlin-Neukölln zu retten. Im besten Fall sollen bis zum 24. September 300.000 Euro gesammelt werden. Ein ambitioniertes Ziel, wie Stefan Fuerst weiß. Er ist der 1. Vorsitzende des "SchwuZ e. V." Der Verein will den Club durch das Geld weiterhin in der Hand der Community halten.
Die Verantwortlichen mussten Anfang August Insolvenz anmelden. Bis zum Oktober haben sie Zeit, neue Konzepte zu entwickeln und so die Zukunft des Clubs sicherzustellen. Eine Insolvenzverwalterin startete in diesem Rahmen auch einen Aufruf für mögliche Investoren. Die Chefin des "SchwuZ", Katja Jäger, sagte im t-online-Interview Ende August: "Am besten wäre eine Person, die eine Queer-Sensibilität mitbringt" (das gesamte Interview lesen Sie hier).
"SchwuZ" in Berlin: "Der Verein muss involviert sein"
Der Verein, dem weit über 100 Mitglieder angehören, hat die Sorge, dass dies nicht der Fall sein wird. Vereinsvorsitzender Fuerst gibt zu bedenken, dass die Insolvenzverwalterin insbesondere die Gläubigersicht und nicht die Anliegen der queeren Community im Blick hat.
Der Vorstandsvorsitzende sagt: "Das 'SchwuZ' wird nur das 'SchwuZ' bleiben, wenn der Verein involviert ist." Er wisse, dass es mögliche Investoren gebe, die bisher nicht proaktiv den Kontakt zur queeren Community gesucht hätten. In dem Aufruf zur Kampagne heißt es: "Es besteht die ernste Gefahr, dass uns ein anderer Investor unseren Communityort vor der Nase wegschnappt. Das müssen wir verhindern."

Das "SchwuZ"
Das "SchwuZ" in Berlin besteht seit dem Jahr 1977 und ist seither ein zentraler Treffpunkt und Rückzugsort der queeren Community in Deutschland. Der Club hat im Laufe der Jahrzehnte unter anderem das Stadtmagazin Siegessäule, die Schwulenberatung und den Berliner CSD auf den Weg gebracht. 2013 zog das "SchwuZ" vom Mehringdamm in die Rollbergsiedlung.
Mit dem Stand von Dienstagmittag sind bei der Spendenkampagne erst 22.577 Euro der benötigten 300.000 Euro zusammengekommen. Fuerst sagt, dass das "SchwuZ" eine bundesweite Strahlkraft habe. "Deshalb glauben wir, dass diese Mobilisierungskampagne durchaus erfolgreich sein wird", so der Vorstandsvorsitzende.
Je mehr der "SchwuZ e. V." an Kapital mitbringe, desto stärker sei die interne Verhandlung mit Investoren. "Es wird auch darum gehen, welche Entscheidungskompetenz und Mitspracherechte wir innerhalb einer Bieterpartei haben", sagt Fuerst. Derzeit sei man mit zwei Investorenparteien in Gesprächen. Sie seien jeweils proaktiv auf den Verein zugekommen, um gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Am Mittwochabend haben die einzelnen Parteien die Möglichkeit, ein erstes, unverbindliches Angebot abzugeben.
"Die Community braucht Rückzugsorte, in denen man sicher ist"
Das Geld wird laut Verein "für unseren Anteil am Kauf des Clubs benötigt". Der andere Teil sei ein Beitrag zum Startkapital für einen Neuanfang. Ziel sei es, das "SchwuZ" in seiner jetzigen Form zu retten. Sollte dies nicht gelingen, wolle man mit dem Geld einen Neuanfang versuchen. Falls auch das nicht klappen sollte, "werden wir mit den Spenden verschiedene queere Projekte in Berlin unterstützen", heißt es in dem Aufruf.
Rückblickend hatte das "SchwuZ" auch Fehler eingestanden. Man hätte in der Vergangenheit etwa das künstlerische Programm stärker hinterfragen sollen. Vieles werde nun aufgearbeitet. Das "SchwuZ" arbeite an neuen Konzepten und wolle das Vertrauen der queeren Community zurückgewinnen, heißt es seitens des Clubs.
"Das 'SchwuZ' ist bei Weitem nicht nur ein Club", sagt Fuerst. "Es wurde damals aus einem ganz konkreten Bedarf gegründet: Die Community braucht Rückzugsorte, in denen man sicher ist." Es sei der einzige in dieser Art, den man in Berlin noch habe. "Wenn das 'SchwuZ' in der jetzigen Art und Weise, also Community-geführt, verschwinden würde, werden wir das in wenigen Jahren stark bereuen."
- Telefonat mit Stefan Fuerst, 1. Vorsitzender SchwuZ e.V.
- instagram.com: Posts vom "SchwuZ" und vom "schwuzschutz"
- goodcrowd.org: "Mission: SchwuZschutz"
- Eigene Berichterstattung zum insolventen SchwuZ