So war das Konzert Weltstar in Berlin: Lady Gaga liefert irres Spektakel

An zwei Abenden lädt Lady Gaga zu ihrem "Mayhem Ball" in der Uber Arena in Berlin ein. Die erste Show zeigt: Mit einem einfachen Konzert hat das wenig zu tun.
Was Lady Gaga am Dienstagabend in Berlin auf die Bühne bringt, ist ein düsteres Spektakel. Irgendwo zwischen rauschhaftem Konzert und dramatischer Broadway-Show liefert der Superstar am ersten Konzertabend in der Uber Arena eine zweieinhalb Stunden durchchoreografierte Darbietung – theatralisch, energiegeladen und unterhaltsam.
Der wilde Ritt beginnt um 20.35 Uhr nach einem kurzen Videoeinspieler mit dem Titel "Manifesto of Mayhem". Als das Licht daraufhin erlischt, ist der Lärm ohrenbetäubend – und Lady Gaga schickt aus dem Hintergrund einen orchestralen Gesang in die Dunkelheit.
Dann startet der erste Akt: "Of Velvet And Vice" wird in roter Farbe auf die Leinwand projiziert. Plötzlich steht der Superstar in einem überdimensionalen, roten Kleid vor einer Opern-Fassade auf der Bühne und stimmt "Bloody Mary" an. Einen Song aus dem Jahr 2011, den sie in einer sinfonieartigen Version und in einigen Metern Höhe singt. Als sich kurz darauf der Vorhang ihres Kleids öffnet, zappeln darin Tänzer in einem Stahlkäfig im Einklang. Lady Gaga selbst bewegt sich wie vom Teufel besessen zur Musik, nur um sich kurz darauf wieder in orchestralen Tönen fallen zu lassen.
Schnell wird klar: Gesangstechnisch ist das auf einem hohen Niveau. Lady Gaga schafft es, ihren Atem und ihre Stimme trotz der spektakulären Show unter Kontrolle zu behalten. Als "Bloody Mary" allmählich verschwindet, dröhnen wummernde Beats durch die Uber Arena: "Abracadabra" von ihrem aktuellen Album "Mayhem" greift sofort auf das Publikum über. Auf der Platte kehrt sie zum modernen Dance-Pop zurück – verpackt in überlebensgroßem Sound. Sie spielt an diesem Abend 14 Songs aus dem Album. Ansonsten stehen Lieder aus ihrer gesamten Diskografie, angefangen mit "The Fame" aus dem Jahr 2008, auf der Setlist.
"Mayhem Ball" ist mehr als nur ein Konzert
Ein früher Höhepunkt, noch im ersten Akt, ist "Poker Face" – der Überhit des Superstars. Lady Gaga, jetzt in schwarzem Korsett gekleidet, steht mit vielen Tänzern auf der Bühne. Vor ihr befindet sich ein nicht erkennbares Wesen, ihr Gegenpart, wie es scheint, ganz in Weiß gehüllt. Aufgebaut ist die Szene wie in einem Schachspiel. Lady Gaga schüttelt das Wesen, schreit es an und widmet sich dann dem Publikum zu: "Hebt eure verdammten Hände hoch – und tanzt." Als die Töne von "Poker Face" durch die Halle schallen, gibt es kein Halten.
Es ist nur eine von vielen kleinen Geschichten, die Lady Gaga vor und während der Songs erzählt. Im Fokus des "Mayhem Ball" steht die Dualität zwischen Dunkelheit und Licht, zwischen Tod und Wiedergeburt. Lady Gaga porträtiert den inneren Kampf zwischen einem engelhaften Wesen und dem düsteren Gegenstück. Chaos, Transformation und viele Gothic-Elemente finden Platz in der Show. Die Darbietungen liefern Interpretationsspielraum, dem die Zuschauer während des Konzerts gedanklich, aber kaum in Gänze nachgehen können, weil so viel passiert.
Im Verlauf des Abends folgen vier weitere Akte mit den Titeln "And She Fell Into A Gothic Dream", "The Beautiful Nightmare That Knows Her Name", "Every Chessboard Has Two Queens" und "Eternal Aria Of The Monster Heart". Regelmäßig ändert Lady Gaga ihre eigenen Songs ab und interpretiert sie neu. Sie führt unzählige Kostümwechsel durch und wird während des Sets fast durchgängig von ihren Tänzern begleitet.
Die Show zeichnet sich durch eine spektakuläre Produktion aus. Unter anderem rekelt sich Lady Gaga in einem weißen Kleid neben Skeletten in einem Grab ("Perfect Celebrity") oder tanzt in einem alten, schwarzen Gewand neben einem riesigen Totenkopf ("Killah").
Sie fährt in einem leuchtenden Holzboot wie ein Gondoliere in Venedig durch die Arena ("Shallow"). Oder sie stolpert mit Gehhilfen wie ein Cyborg vor einem riesigen weißen Schleier über die Bühne, um anschließend in ein großes Blitzlichtgewitter gezogen zu werden ("Paparazzi").
Fans bekommen für horrende Preise etwas geboten
Das erinnert in weiten Teilen mehr an ein aufwendiges Theaterstück als an ein normales Konzert. Die Fans bekommen für die horrenden Preise (ab 150 Euro), die sie zahlen müssen, auf jeden Fall etwas geboten.
In anderen Teilen des Sets greift Lady Gaga zum Instrument: Sie hängt sich eine E-Gitarre um den Hals ("Summerboy") oder sitzt alleine am Klavier ("Die With A Smile"). Hier wird es besonders emotional: Lady Gaga widmet mehrere Songs ("The Edge Of Glory", Marry the Night") ihrer Freundin Lady Starlight, die sich offenbar im Publikum befindet. Lady Starlight ist eine US-amerikanische DJane und Musikerin und vor allem für ihre zahlreichen Kollaborationen mit Lady Gaga bekannt.
Lady Gaga atmet in diesem Moment mehrfach tief durch, wischt sich Tränen aus dem Gesicht. Es ist auch der Teil der Show, in der Lady Gaga mit ihren Figuren bricht und sich ausführlicher an das Publikum wendet: "Danke, dass ihr hier seid und mich teilweise seit 20 Jahren begleitet", sagt sie etwa. "Werdet ihr auch bei einer Show in 20 Jahren dabei sein?" Das anschließende Gekreische deutet der Superstar sicherlich als "Ja".
Das Publikum zeigt sich insgesamt sehr textsicher. Die Show zeichnet sich durch eine hohe Intensität aus, was sicherlich auch an der hohen Hitdichte von Lady Gaga liegt. Insbesondere bei den großen Songs wie "Born This Way", "LoveGame" oder "Just Dance" flippt die Masse aus.
Legendenstatus in der Popmusik
Selbiges gilt für "Bad Romance", der das Ende des regulären Sets darstellt. Mehrere Tänzer in roten Pestarzt-Anzügen simulieren eine medizinische Operation an Lady Gaga, ehe sie unter einem weißen Tuch hervorkommt: "Ra-ra, ah-ah-ah, roma-, roma-ma-, gaga, ooh, la-la, want your bad romance". Es ist der krönende Abschluss einer atemberaubenden Show, an dessen Ende das Opernhaus-Set auf der Bühne in Flammen aufgeht.
Der "Mayhem Ball" ist ein opernhafter Schnelldurchlauf durch die Karriere von Lady Gaga. Er schneidet musikalisch viele Genres an, ist gesangstechnisch meist auf einem hohen Niveau. Doch es ist das Gesamtkunstwerk aus Musik, Choreografie, Bühnenbild und Theaterperformance, das den Abend so besonders macht. Würde die US-Amerikanerin bald ihre Karriere beenden, wäre dies eine passende Feier ihres Lebenswerks. Es ist eine Show wie ein Triumphzug durch ihre vergangenen Jahre, die ihren Legendenstatus in der Popmusik einzementiert.
- Besuch des Konzertes von Lady Gaga am 4. November 2025 in der Uber Arena in Berlin



